In unserem Ratgeber möchten wir Ihnen genau diese Punkte beantworten und mögliche Unsicherheiten nehmen. Denn Ehe bedeutet nicht nur die Möglichkeit, eine rechtlich bindende Beziehung einzugehen, sondern auch eine Anerkennung der Liebe zwischen zwei Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht.

Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich dieser Artikel nicht nur auf das Geschlecht „Mann“ oder „Frau“ und die Sexualität „Homo“ oder „Hetero“ beschränken soll. Selbstverständlich ist jede Sexualität zu berücksichtigen. Dieser Artikel soll sich an alle Menschen im Sinne der LGBTQ+ Community richten.

„Homo-Ehe“: Die Geschichte zur „Ehe für alle“ in Deutschland

Die „Ehe für alle“ in Deutschland war ein jahrzehntelanger Kampf für die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlich liebender Menschen. Schwule und Lesben haben sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt, dass ihre Liebe und Partnerschaft auf dieselbe Weise anerkannt wird, wie die Ehe von Mann und Frau. Der Kampf wurde von vielen Organisationen und Verbänden unterstützt, darunter auch von Politikern und Prominenten.

Der Durchbruch kam schließlich im Sommer 2017, als der Bundestag nach jahrelangen Diskussionen die „Ehe für alle“ beschloss. Dies wurde als großer Erfolg gefeiert, da es ein Zeichen für Gleichberechtigung und Toleranz setzt.

Die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur gleichgeschlechtlichen Ehe

  • 1872 (Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches): Der § 175 StGB stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte die Verfolgung Homosexueller.
  • Beibehaltung der Strafvorschrift im Kaiserreich und in der Weimarer Republik
  • Verschärfung im Nationalsozialismus: Handlungen, die das „allgemeine Schamgefühl“ verletzten, wurden als strafbar erklärt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden über 50.000 Strafurteile gegen homosexuelle Männer gesprochen.
  • 1969: Erste Lockerungen im Strafgesetzbuch. Streichung von Absatz 2, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, wenn sie öffentlich oder durch Schriften oder Bilder verbreitet wurden. Allerdings blieb die Strafbarkeit von homosexuellen Handlungen zwischen Männern in privaten Räumen bestehen, wenn sie gegen Entgelt oder mit Personen unter 18 Jahren ausgeübt wurden.
  • 1994: Die Strafbarkeit männlicher Homosexualität in Deutschland wurde am 11. Juni 1994 endgültig abgeschafft. Der § 175 des Strafgesetzbuches wurde endgültig abgeschafft.
  • 2001: Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes, das Homosexuellen eine eingetragene Lebenspartnerschaft ermöglichte.
  • 2013: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden muss.
  • 2017: Beschluss des Bundestags im Juni 2017, die „Ehe für alle“ einzuführen, was am 1. Oktober 2017 in Kraft trat. Seither haben Schwule und Lesben in Deutschland das Recht, eine vollständig gleichberechtigte Ehe einzugehen.

Gleiche Rechte und Pflichten für gleichgeschlechtliche Paare seit 2017

Seit der Einführung der „Ehe für alle“ in Deutschland im Jahr 2017 haben gleichgeschlechtliche Ehepaare dieselben Rechte und finanzielle Vorteile wie heterosexuelle.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde die Vorschrift § 1353 „BGB Eheliche Lebensgemeinschaft“ angepasst und lautet seither: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.“

Diese Entwicklung hin zur Gleichstellung homosexueller Paare ist ein wichtiger Schritt zu einer inklusiveren und gerechteren Gesellschaft. Es ist wichtig, dass alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität gleiche Rechte und Chancen haben.

Bezogen auf die „Ehe für alle“ gehören dazu insbesondere:

Recht auf Eheschließung

Das Recht auf Eheschließung in Deutschland erlaubt es zwei Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, eine Ehe einzugehen. Zuvor war dies für Homosexuelle nur durch die eingetragene Lebenspartnerschaft möglich, die jedoch nicht den gleichen rechtlichen Status wie die Ehe hatte.

Durch die Eheschließung entsteht eine rechtliche Verbindung zwischen den Lebenspartnern, die mit bestimmten Rechten und Pflichten verbunden ist. Die Ehe ist auf Lebenszeit angelegt und kann nur unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen einer Scheidung aufgehoben werden.

Recht auf gemeinsame Namensführung

Das Recht auf eine gemeinsame Namensführung im Rahmen einer Ehe bedeutet, dass Ehepartner einen gemeinsamen Familiennamen wählen können. Dieser kann entweder der Geburtsname eines der Eheleute sein oder ein neuer gemeinsamer Doppelname. Die Entscheidung darüber muss bei der Eheschließung getroffen werden, kann aber auch später noch geändert werden.

Es besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung für Ehepaare, einen gemeinsamen Familiennamen nach der Hochzeit zu bestimmen. Das deutsche Namensrecht sieht vor, dass ein Paar auch seinen jeweiligen Geburtsnamen oder seinen bisherigen Nachnamen behalten darf.

Gegenseitiges Unterhaltsrecht

Schwule und lesbische Paare haben das Recht auf gegenseitige Unterhaltspflicht. Das bedeutet, dass Ehepartner unabhängig vom Geschlecht im Falle einer Trennung oder Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen unterhaltspflichtig sind.

Hierbei spielen Faktoren wie Dauer der Ehe, Einkommen und Vermögen beider Partner eine Rolle. Auch die Betreuung von Kindern kann Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht haben. In jedem Fall sollten sich beide Eheleute im Falle einer Trennung oder Scheidung rechtzeitig beraten lassen, um ihre Unterhaltsansprüche und -pflichten zu klären und mögliche Konflikte zu vermeiden.

Gegenseitiges Erbrecht

Gleichgeschlechtliche Ehepaare haben das Recht auf ein gegenseitiges Erbe. Das bedeutet, dass wenn keine erbrechtliche Regelung getroffen wurde (durch ein Testament) Ehepartner im Todesfall automatisch erben.

Gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer & Steuervorteile

Das Recht auf gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer und steuerliche Vergünstigungen für Paare bedeutet, dass die Eheleute ihre Einkommensteuererklärung gemeinsam abgeben und dadurch von bestimmten steuerlichen Vergünstigungen profitieren können.

Dazu gehören beispielsweise das Ehegattensplitting, das zu einer geringeren Steuerbelastung führen kann, sowie der Abzug von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Diese steuerlichen Vergünstigungen können insbesondere bei ungleichen Einkommensverhältnissen von Vorteil sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Vorteile nur für rechtmäßig geschlossene Ehen gelten und dass eingetragene Lebenspartnerschaften nicht denselben steuerlichen Schutz genießen. Deshalb ist es für Paare von großer Bedeutung, ihre Beziehung in eine offizielle Heiratsurkunde umzuwandeln, um alle damit verbundenen rechtlichen Vorteile nutzen zu können.

Ehegüterrecht

Seit 2017 haben auch gleichgeschlechtliche Paare das Recht auf Eheschließung und damit auch auf das Ehegüterrecht. Das bedeutet, dass auch sie zwischen den drei Güterständen Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung und Gütergemeinschaft wählen können und die gleichen Regelungen für die Vermögensverhältnisse innerhalb der Ehe und im Falle einer Scheidung oder im Todesfall eines Ehepartners gelten.

Recht auf Witwen- und Witwerrente (Hinterbliebenenrente)

Das Recht auf Witwen- und Witwerrente bedeutet, dass im Falle des Todes eines Ehepartners der überlebende Lebenspartner unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente hat. Die Höhe der Rente richtet sich nach verschiedenen Faktoren wie beispielsweise der Dauer der Ehe, dem Alter des verstorbenen Ehepartners und dem eigenen Einkommen. Der Anspruch auf die Witwen- oder Witwerrente besteht unabhängig vom Geschlecht des überlebenden Ehepartners.

Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare

Seit der Einführung der „Ehe für alle“ haben auch homosexuelle Ehepaare in Deutschland das Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Das Adoptionsverfahren ist dabei Gleichgeschlechtlichen grundsätzlich gleichgestellt wie Heterosexuellen.

Die Adoption bedeutet, dass das Kind rechtlich wie ein leibliches Kind behandelt wird und somit in die Familie integriert wird. Die Adoption setzt voraus, dass sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht.

Allerdings kann es in der Praxis noch immer zu Diskriminierungen und Vorurteilen seitens der zuständigen Ämter oder Adoptionsstellen kommen. Homosexuelle Paare müssen teilweise mit mehr Widerstand rechnen und haben oft eine längere Wartezeit als heterosexuelle Paare in Deutschland. Sie müssen nachweisen können, dass sie in der Lage sind, ein Kind zu erziehen und ihm ein stabiles Umfeld zu bieten. Dennoch zeigt sich ein positiver Trend: Immer mehr Kinder finden ein liebevolles Zuhause bei gleichgeschlechtlichen Elternpaaren.

Die gemeinsame Adoption ist nur für Ehepaare möglich und nicht für eingetragene Lebenspartnerschaften.

Trennung & Scheidung

Auch im Falle einer Trennung oder Scheidung existiert kein Unterschied zur herkömmlichen Ehe. Möchten Sie sich scheiden lassen, müssen die gleichen Voraussetzungen erfüllt werden, wie bei heterosexuellen Paaren. Insbesondere geht es hierbei um das sogenannte Trennungsjahr, das vor Einreichung der Scheidung eingehalten werden muss.

Eingetragene Lebenspartnerschaft in gleichgeschlechtliche Ehe umwandeln

Seit der Einführung der „Ehe für alle“ können keine eingetragene Lebenspartnerschaften in Deutschland mehr abgeschlossen werden. Stattdessen haben gleichgeschlechtliche Paare das Recht auf eine Eheschließung wie Paare zwischen Mann und Frau.

Die Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe erfolgt nicht automatisch. Dies müssen Sie beim zuständigen Standesamt beantragen. Hierzu müssen beide eingetragene Lebenspartner im Standesamt erscheinen und erklären, dass sie ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln möchten. Das Standesamt prüft daraufhin, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dies der Fall, wird die Umwandlung durch einen Eintrag ins Eheregister dokumentiert und Sie erhalten eine entsprechende Eheurkunde.

Es ist zu beachten, dass die Umwandlung rückwirkend zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft erfolgt. Das bedeutet, dass die Partner ab diesem Zeitpunkt als Eheleute anzusehen sind.

Die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ist allerdings freiwillig und nicht verpflichtend. Wer bereits eine Lebenspartnerschaft hat eintragen lassen und diese nicht umwandeln lassen möchte, kann auch in Zukunft weiter eine Lebenspartnerschaft führen.

Trauen Sie sich! Tipps zur gleichgeschlechtlichen Eheschließung

Die gleichgeschlechtliche Ehe ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren Gesellschaft, in der jeder unabhängig von sexueller Orientierung die gleichen Chancen und Rechte hat. Es ist ein Zeichen für Toleranz, Akzeptanz und Gleichberechtigung.

Allerdings sollten Sie sich im Klaren sein, dass Sie bei der Hochzeitsplanung immer noch auf Widerstände in Teilen der Gesellschaft stoßen können. Insbesondere in ländlichen Gegenden oder konservativeren Gemeinden sind Diskriminierungen gegenüber Schwulen und Lesben leider keine Seltenheit. So kann es passieren, dass Dienstleister, wie Caterer, Fotografen oder Location-Anbieter keine Aufträge von gleichgeschlechtlichen Paaren annehmen oder höhere Preise verlangen als für heterosexuelle Paare.

Trotzdem sollten Sie sich nicht entmutigen lassen und Ihren Traum von einer gemeinsamen Zukunft als verheiratetes Paar verwirklichen. Stehen Sie zu Ihren Rechten und lassen Sie sich nicht verunsichern. Die Ehe in Deutschland ist nicht mehr nur heterosexuellen Paaren vorbehalten! Egal ob Mann oder Frau, heterosexuell oder homosexuell. Jeder Mensch hat das Recht auf Liebe und Glück, und es liegt an uns allen, diese Werte zu fördern und zu schützen.

Sie suchen einen Rechtsanwalt für Familienrecht? Wir helfen Ihnen weiter!

Sollten Sie rechtliche Fragen zur gleichgeschlechtlichen Ehe haben, können Sie sich jederzeit an uns oder den LSVD wenden. Seit vielen Jahren bereits setzt sich Giuseppe Landucci für die Rechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) ein. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt für Familienrecht und Scheidungsanwalt in Köln hat er diesbezüglich diverse Fachartikel veröffentlicht und Interviews gegeben. So hat er u.a. zur Einführung der „Ehe für alle“ bei 1LIVE Stellung bezogen. Hier können Sie sich den Mitschnitt noch einmal anhören.