Worum ging es in dem Fall?
Die Eltern der betreffenden Kinder gehören einer freikirchlichen Gemeinde an und möchten ihren Nachwuchs von allen Einflüssen fernhalten, die nicht den Geboten Gottes entsprechen. Aus diesem Grund unterrichtet eine Mutter die ältesten zwei ihrer sieben Kinder von zu Hause aus, nach dem Konzept einer „Freien Christlichen Schule“.
Die Kinder sind sieben und acht Jahre alt. Die Eltern hatten 2019 einen Antrag auf Befreiung der Kinder von der Schulpflicht gestellt, welcher jedoch von der Landesschulbehörde abgelehnt worden war. Ein hierzu anhängiges Verfahren vor dem Verwaltungsgericht stand noch aus. Bereits 15 Verfahren wegen Verstößen gegen die Schulpflicht waren gegen den Vater der Kinder eingeleitet und die Familie zur Zahlung von Bußgeldern verurteilt worden.
Das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) hatte zunächst keine familienrechtlichen Maßnahmen angeordnet, da es bei den Kindern zum damaligen Zeitpunkt noch keine Wissensdefizite oder im Vergleich zu ihren Altersgenossen schlechter entwickelte Sozialkompetenzen als gegeben ansah. Gegen diese Entscheidung setzte sich das zuständige Jugendamt zur Wehr und legte Beschwerde ein.
Teilweiser Sorgerechtsentzug die Regelung schulischer Angelegenheiten betreffend wegen beharrlicher Schulverweigerung
Das OLG Celle stimmte mit der Einschätzung des zuständigen Jugendamtes überein. Die Richter ordneten einen teilweisen Sorgerechtsentzug im Hinblick auf das Recht der Eltern zur Regelung schulischer Angelegenheiten ihrer Kinder an und bestellten einen „Ergänzungspfleger“ in der Person des Jugendamtes.
Nun kann das Jugendamt, falls es dies für die richtige Entscheidung hält, den Schulbesuch der Kinder auch gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Als Begründung für den teilweisen Sorgerechtsentzug aufgrund beharrlicher Schulverweigerung der Eltern führte das Gericht an, dass es den Eltern bislang nicht gelungen sei, den Kindern genügend Wissen zu vermitteln, um sie auf schulische Prüfungen oder eine spätere Berufsausbildung vorzubereiten.
Bei der Frage des Gerichts nach dem Konzept ihrer Wissensvermittlung blieben sie eine zufriedenstellende Antwort schuldig. Zudem seien die Kinder nur wenige Stunden am Tag unterrichtet worden. Neben Wissensdefiziten führe die Schulverweigerung durch die Eltern zudem dazu, dass die Sozialkompetenzen der Kinder nicht ausreichend entwickelt würden. Sie würden beispielsweise nicht lernen, sich mit andersgläubigen Menschen auseinanderzusetzen.
Sorgerechtsentzug wegen beharrlicher Schulverweigerung als Eingriff in Grundrechte gerechtfertigt
Zwar sind durch das deutsche Grundgesetz die Glaubensfreiheit und die Erziehungsfreiheit geschützt, doch sei die Entscheidung für den teilweisen Sorgerechtsentzug aufgrund der hartnäckigen Schulverweigerung durch die Eltern zum Schutze der Kinder gerechtfertigt. Der Eingriff ist außerdem erforderlich und verhältnismäßig.
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