Beseitigung der Rechtsfolgen einer Scheinehe auf Staatskosten möglich
Das Strafgericht ist allerdings nicht dazu befugt, die Wirkungen der Ehe aufzuheben. Die zum Schein eingegangene Ehe endet also nicht automatisch, wenn die ihr zugrundeliegende unrechtmäßige Zielrichtung aufgedeckt wurde. Für den beteiligten deutschen Staatsangehörigen bedeutet das unter anderem, dass er nicht wieder heiraten kann, dass er grundsätzlich zum Unterhalt verpflichtet ist und dass in einem Erbfall mindestens die Hälfte des Nachlasses an den Ehegatten fällt.
Ehe als Aufenthaltsabsicherung
Die rechtlichen Auswirkungen einer zum Schein eingegangenen Ehe können nur durch Ehescheidung oder durch Antrag auf Auflösung der Ehe beseitigt werden. Beide Verfahrensarten sind mit Kosten verbunden. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat am 04.01.2017 zum Aktenzeichen 1 WF 241/16 eine Entscheidung darüber verkündet, ob für die Beendigung einer Scheinehe Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann.
Eine deutsche Staatsangehörige hatte einen syrischen Staatsangehörigen geheiratet, ohne mit ihm in den vergangenen 16 Jahren eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen. Die Ehefrau war 17 Jahre älter als der Ehemann. Möglicherweise führte diese eher ungewöhnliche Konstellation schließlich zur Aufdeckung. Vor dem Strafgericht wurde das Bestehen einer Scheinehe rechtskräftig festgestellt. Der Ehemann wandte sich nach Abschluss des Strafverfahrens an einen Scheidungsanwalt und stellte einen Scheidungsantrag bei dem zuständigen Familiengericht.
Weil er sich aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sah, die Verfahrenskosten aufzubringen, stellte er einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Dieser Antrag wurde vom Familiengericht abgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers entschied nun das Oberlandesgericht Braunschweig und gab dem Antrag statt.
Scheidung und Eheaufhebung schließen sich nicht aus
Die Richter des 1. Senats am Oberlandesgericht Braunschweig wiesen zunächst darauf hin, dass sich die beiden Anspruchsgrundlagen für die Beseitigung von Scheinehefolgen nicht gegenseitig ausschließen würden. Sowohl die Aufhebung als auch die Scheidung der zum Schein begründeten Ehe ist möglich.
Die Richter empfanden das Bedürfnis, die Ehe und ihre Folgen durch Scheidung zu beseitigen, nicht als mutwillig. Obwohl die Ehe nur zum Schein eingegangen worden war, können ihre tatsächlichen rechtlichen Folgen die Beteiligten beeinträchtigen. Nach deutschem Recht kann niemandem zugemutet werden, verheiratet zu bleiben, weil er sich bei Eheschließung ins Unrecht gesetzt hat.
Zur Entscheidung darüber, ob dem Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe stattzugeben ist, ist nur die Frage wichtig, ob der Antragsteller über Vermögen verfügt oder ob er in der Lage gewesen wäre, eine Rücklage zu bilden, aus der er die auf ihn zukommenden Verfahrenskosten finanzieren könnte.
In diesem Fall war dem Ehemann für die Scheidung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.