Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Ehevertrages hat seine Grenzen

Grundsätzlich ist es den Ehegatten selbst überlassen, den Inhalt ihres Ehevertrages festzulegen. Beinhaltet der Vertrag jedoch eine einseitige Benachteiligung eines der Eheleute oder liegt eine einseitige Lastenverteilung vor, kann er unter Umständen als sittenwidrig eingestuft werden. Deshalb ist es auch so sinnvoll, dass ein Ehevertrag nicht ohne anwaltliche Beratung und/oder eine notarielle Beurkundung geschlossen werden kann.

Wann ist ein Ehevertrag sittenwidrig?

Bei der Frage danach, ob Eheverträge sittenwidrig sind oder nicht, muss stets eine Gesamtwürdigung des Vertrages sowie seines Zustandekommens betrachtet werden. Ein Vertrag ist dann sittenwidrig, wenn er gegen die guten Sitten verstößt. Abgestellt wird also auf die Rechts- und Sozialmoral der kulturellen Gemeinschaft.

Zudem dürfen die Regelungsinhalte des Ehevertrages nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Abstellend auf das Zustandekommen des Ehevertrages kann zum Beispiel dann von einer Sittenwidrigkeit ausgegangen werden, wenn die finanzielle, psychische oder emotionale Abhängigkeit eines Partners ausgenutzt wird. Sittenwidrig ist ein Ehevertrag aber auch dann, wenn ein Ehegatte den anderen über wirtschaftliche Verhältnisse getäuscht hat oder wenn ein Partner den anderen durch eine widerrechtliche Drohung dazu bekommen hat, den Vertrag zu unterzeichnen.

Wie wird die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages durch das zuständige Gericht festgestellt?

Fechtet einer der Ehegatten den Ehevertrag mit der Begründung der Sittenwidrigkeit an, kann dies zu einem Gerichtsprozess führen, in dessen Verlauf die beanstandete Klausel überprüft wird. Im Rahmen der sogenannten Zwei-Stufen Kontrolle wird zunächst die Wirksamkeitskontrolle durchgeführt, bei welcher die Situation bei Vertragsschluss betrachtet wird. Wird eine objektive Benachteiligung eines Ehepartners festgestellt und hat der andere Ehepartner die subjektive und sittenwidrige Absicht gehabt, diese Benachteiligung durchzuführen, kann ein Verstoß gegen § 138 BGB und damit ein sittenwidriges Rechtsgeschäft vorliegen.

Die Folge daraus wäre die Nichtigkeit des gesamten Ehevertrages. Im zweiten Teil der Zwei-Stufen-Kontrolle folgt dann die Ausübungskontrolle laut Familienrecht (§ 242 BGB). Hier wird danach geschaut, ob ein während des Vertragsabschlusses nicht sittenwidriger Ehevertrag möglicherweise im Nachhinein gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstößt. Dies ist dann der Fall, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt eine unzumutbare Lastenverteilung zwischen den Ehegatten ergibt. Wird ein Verstoß auf der Ebene des Ausübungskontrolle bejaht, kann dies zu einer Vertragsanpassung führen. Die Beweislast muss dabei diejenige Partei tragen, die sich auf die Sittenwidrigkeit beruft.