Oberlandesgericht München kannte Scharia-Scheidung zunächst an

Ausgangspunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war die Ehe eines Paares, die in Syrien geschlossen wurde. Im Jahr 2013 wurde die Ehe dann nach Scharia Recht, also nach religiösem Recht, in Syrien geschieden. Dies geschah dadurch, dass ein Bevollmächtigter des Ehemannes vor einem Scharia-Gericht erschien und eine traditionelle Scheidungsformel aufsagte. Das persönliche Erscheinen der Eheleute war nicht vonnöten. Auch das Gericht selbst spielte keine weitere aktive Rolle im Scheidungsverfahren. Die Ehefrau signalisierte durch das Unterzeichnen einer Erklärung, dass sie mit der Scheidung und den daraus erwachsenden Folgen einverstanden sei.

Der Mann beantragte nun vor dem Oberlandesgericht München, dass die in Syrien vollzogene Scharia Scheidung auch in Deutschland anerkannt wurde. Diesem Antrag gab das Oberlandesgericht München statt, da es der Ansicht war, dass die europäische Rom III – Verordnung in diesem Fall einschlägig sei. Diese Verordnung soll die rechtliche Handhabung internationaler Scheidungen erleichtern.

Die Ehefrau hingegen wehrte sich gegen die Entscheidung des Gerichts, woraufhin das Oberlandesgericht München den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte. Doch erst bei der zweiten Vorlage durch das Oberlandesgericht nahm sich der Gerichtshof der Rechtsfrage an, ob die Rom III-Verordnung auf diesen Fall anwendbar war.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Die Luxemburger Richter waren der Ansicht, dass eine Scharia-Scheidung deshalb nicht vom Anwendungsbereich der Rom III-Verordnung erfasst sei, da durch diese Verordnung nur solche Scheidungen erfasst werden sollen, die von einer öffentlichen Stelle abgewickelt werden. Bei der in Syrien durchgeführten Scharia-Scheidung handelt es sich jedoch nur um eine einseitig vorgetragene Erklärung vor einer religiösen Einrichtung, also um eine Privatscheidung, die im deutschen Familienrecht keine rechtliche Wirkung entfaltet.

Hinzu kommt laut des Generalanwalts noch, dass die Scharia-Scheidung den Frauen in Syrien gegenüber diskriminierend sei. Der sachliche Anwendungsbereich der Rom III-Verordnung ist demnach nicht eröffnet. Der Fall wurde vom Europäischen Gerichtshof wieder an das Oberlandesgericht München zurück verwiesen, das sich nun erneut mit dem Thema Scharia-Scheidung auseinander setzen muss.